Heilpraktikerin aus Lage therapiert Patienten mit Blutegeln
Lage. Eine Jahrtausende alte Behandlungstradition feiert ein Comeback: die Blutegeltherapie. Die kleinen Würmer gleichen einer biologischen Apotheke. Heilpraktikerin Christiane Wagner aus Lage setzt sie seit fast zehn Jahren erfolgreich ein.
"Die Blutegel sind zu einem Schwerpunkt in meiner Praxis geworden", erzählt Wagner und schwärmt von den "heilenden Bissen". "Ich setzte sie gezielt auf die Haut, sie beißen, saugen sich mit Blut voll und geben dafür ihren wertvollen Speichel ab", beschreibt die 46-Jährige das Prozedere in Kurzform.
- Wertvoll sei der Speichel der kleinen Helferlein deshalb, weil er etwa 30 verschiedene Substanzen enthält, deren Wirkung mit Medikamenten wie Cortison vergleichbar ist. "Für diese Naturheilkraft gibt es eine wissenschaftliche Studie", nimmt Wagner Skeptikern gleich den Wind aus den Segeln.
Die Einsatzgebiete der Egel reichen von Kopfschmerzen über Tinnitus bis zum Schulter/Arm-Syndrom, Sportverletzungen oder Rheuma. "Am häufigsten setzte ich die Tiere bei Patienten mit Arthrose, Arthritis sowie Schmerzen im Bewegungsapparat ein", so die Lagenserin. "Eine Entzündung ist sozusagen ein gefundenes Fressen, denn sie riecht schon nach Blut."
Die wenige Zentimeter langen Sauger brauchen fünf bis dreißig Minuten, bis sie sich festsetzen. Bis sie satt sind und abfallen, kann eine Stunde vergehen. Die Verdauung dauert ein ganzes Jahr, doch soweit kommt es in der Regel nicht. Diese Tiere leben nur für eine Behandlung. Weil sie potenziell infektiös sind, müssen sie danach getötet werden. "Früher habe ich sie in Wodka ertränkt, heute friere ich sie ein", musste auch Wagner sich für eine schnelle Methode entscheiden. "Als Tierfreundin und Vegetarierin habe ich anfangs mit mir gehadert. Aber es muss sein."
Von etwa 600 Blutegelarten weltweit sind es nur zwei bis drei Arten, die wirklich als medizinische Blutegel bezeichnet und auf speziellen Farmen nachgezüchtet werden. "Ich mag diese Verwandten der Regenwürmer. Doch meine Faszination ist endgültig entbrannt, als ich vor Jahren eigene starke Hüftschmerzen damit in den Griff bekommen habe", verrät Christiane Wagner.
"Natürlich gibt es immer wieder Leute, bei denen die Therapie überhaupt nicht anschlägt, aber das ist die Ausnahme", wirbt die Heilpraktikerin. Die Blutegel erobern derzeit die Unfalltherapie. In der Berliner Charité werden sie neben frisch vernähte Wunden gesetzt, damit diese schneller und besser verheilen.
"Von einem Comeback habe ich hier in Lippe noch nichts mitbekommen. Aber die Wirkstoffe der Blutegel sind medizinisch geprüft und deshalb spricht grundsätzlich nichts gegen eine entsprechende Behandlung, wenn der Patient es wünscht", so Dr. med. Markus Dickel aus Detmold. Eine "Wunder"-Wirkung beim Einsatz von Egeln bezweifelt der Hautarzt allerdings.
Die Blutegeltherapie gehört zu den sogenannten Ausleitverfahren. Blutegel werden an geeigneter Stelle angelegt, so dass sie einen kleinen Aderlass von etwa acht bis zehn Milliliter Blut herbeiführen, um schädliche Stoffe aus dem Organismus zu leiten. Durch die im Speichel (Saliva) der Tiere enthaltenen gerinnungshemmenden Substanzen kommt es zu Nachblutungen. Die Blutegeltherapie gehört zu den ältesten Heilmethoden in der überlieferten Medizingeschichte. Erste Überlieferungen stammen aus Mesopotamien (3300 v. Chr.). Erste Schilderungen stammen aus der indischen Medizin. In Europa war die Blutegeltherapie seit der Antike bis ins 19. Jahrhundert hinein ein unverzichtbarer Bestandteil der Therapien bei unterschiedlichen Krankheiten.
Quelle: wlz.de